Der Ruf des Kuckucks

von Robert Galbraith – alias Joanne K. Rowling)
Aus dem Englischen von Wulf Bergner, Christoph Göhler und Kristof Kurz

Das international bekannteste Topmodel Londons Lula Landry stürzt vom Balkon sei­nes Luxusappartements in den Tod. Die Polizei schließt ihre Ermittlungen schnell ab, nach­dem alles auf Selbstmord deutet und eine Fremdeinwirkung ausgeschlossen wird. Doch Lulas Bruder glaubt nicht an den Freitod der Schwester und engagiert den Privatdetektiv Cormoran Strike. Gemeinsam mit seiner Assistentin Robin beginnt der Exsoldat zu ermitteln und taucht ein in die Londoner Glitzerwelt der Stars und Stern­chen. Dort trifft er hinter all dem schönen Schein auf mannigfache Lügen und gro­ße Geheimnisse …

Dass Robert Galbraith das Pseudonym der weltbekannten Harry-Potter-Autorin Joanne K. Rowling ist, dürfte hinreichend bekannt sein. Der Verräter des Pseudonyms muss­te Strafe zahlen; im Gegensatz zu Rowlings Vorgänger „Ein plötzlicher Todesfall“ wird der vorliegende Kriminalroman von den Kritikern in den Himmel gelobt. Aber zu Recht?

Ja, vollkommen und hundertprozentig: Zwar könnte ein Privatermittler nicht kaputter und zerrissener sein als Cormoran Strike, aber genau das und seine Vielschichtigkeit – die auch alle anderen Figuren im Buch inne haben – machen gerade den Reiz dieser Figur aus. Kürzlich von seiner Verlobten auf die Straße gesetzt und deshalb in sei­nem schäbigen Büro übernachtend, im Afghanistan-Krieg verwundet, verschuldet und durch seinen Rockmusiker-Vater und die an Drogen gestorbene Groupie-Mutter mit trauriger Berühmtheit versehen, scheint Strike zunächst ein klägliches Bild für ei­nen Ermittler abzugeben. Und dennoch: Zu keinem Zeitpunkt ist diese Hauptfigur auch nur annähernd unsympathisch oder gar klischeehaft überzogen. Den schlechten ersten Eindruck seiner oberflächlich gesehen widrigen Lebensumstände macht Strike durch seinen messerscharfen Verstand und eine bewundernswerte Beobachtungs­gabe wieder wett.

Als Privatdetektiv in seinen Ermittlungsbefugnissen eingeschränkt, kommt Strike nur etap­penweise voran, muss warten, bis er wichtige Zeugen des vermeintlichen Selbst­mor­des befragen oder Akten einsehen kann. Dass das trotzdem so spannend ist, dass man „Der Ruf des Kuckucks“ kaum aus den Händen legen kann, liegt vor allem an Rowlings Schreibstil: Jedes Wort und jede Andeutung stehen genau am richtigen Platz, die Sätze fließen ineinander, als wäre es vollkommen mühelos, einen komplexen und spannenden Krimi zu schreiben. Denn dem Leser wird erst am Ende klar, wie viele Details zur Klärung des Falls im Buch dargeboten werden, die er selbst vielleicht gar nicht bemerkt, während Strike daraus das ganze Puzzle zusammenzusetzen vermag.
„Der Ruf des Kuckucks“ ist ein rundum gelungener Brit-Krimi, dessen Hauptfigur Strike man gerne noch bei weiteren Fällen begleiten möchte.

Und auch hier enttäuscht Rowling nicht: Der Nachfolger „The Silkworm“ erschien in Großbritannien am 19. Juni 2014.

– Anna-Carina Blessmann –